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Woche 1

Sich bei einem Triathlon anzumelden, ist verhältnismäßig leicht. Einfach ein Formular im Internet ausfüllen, Startgebühren überweisen und – zack! – eine Anmelde-Bestätigung später kannst du dich „Triathlet in spe“ nennen. Die Vorbereitung auf einen Triathlon ist dagegen wesentlich herausfordernder, wie Andrea und Christian in ihrer ersten Trainingswoche erfahren mussten.

Christians erste Woche: Von defekten Waagen, Harzer Käse und Laufeinheiten mit Rocky und Nilpferden

Montagmorgen, 6.30 Uhr. Nehme all meinen Mut zusammen und stelle mich auf die Waage. 82,1. What? Die Waage muss kaputt sein. Im Sommer war das doch noch erheblich weniger. Tausche die Batterien aus. 82,2. Hmpf! Die Triathlonvorbereitung beginnt eher ernüchternd. Vielleicht befinde ich mich aber auch einfachin der Massephase, wie es im Kraftsport so schön heißt, und habe seit Juli sieben Kilo Muskelmasse zugelegt?!

Zugegebenermaßen eine recht steile These. Mein doch recht ausufernder Plätzchen-, Stollen- und Dominosteine-Konsum in der Vorweihnachtszeit lässt eher einen anderen Schluss zu. Außerdem zwickt der Hosenbund ein wenig zu sehr, um diesen Selbstbetrug aufrechtzuerhalten. Es geht wohl kein Weg daran vorbei: Ich muss abnehmen!

Stelle mich in einem Anflug von Selbsthass noch einmal auf die Waage. 82,0. Geht doch! Schon 200 Gramm abgenommen und das in weniger als in fünf Minuten. Wenn das so weitergeht, habe ich heute Abend schon mein ideales Trainingsgewicht.

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Mittwochmittag, 13.30 Uhr. Sitze am Küchentisch und beäuge kritisch eine Rolle Harzer-Käse, die vor mir liegt. Harzer Käse soll eine ideale Sportler-Nahrung sein. Habe ich im Internet gelesen. Er enthält viel Eiweiß, was gut für den Muskelaufbau ist, extrem wenig Fett und fast gar keine Kohlenhydrate, was wiederum gut fürs Abnehmen ist. Der Nachteil: Er hat auch so gut wie keinen Geschmack, seine Konsistenz ist alten Autoreifen nicht unähnlich und die freudlose gelblich-blasse Farbe lädt nicht gerade zum Verzehr ein.

Harzer-Käse. Der kulinarische Endgegner des Möchtegern-Triathleten.

Der Judo-Trainer des Sohns schwört trotzdem auf Harzer Käse. Er habe vor einem wichtigen Turnier einmal sieben Kilo Gewicht gemacht, indem er sich zwei Wochen lang ausschließlich von Harzer Käse ernährt hat. Während ich auf dem Käse rumkaue, bin ich zuversichtlich, dass mir das auch gelingen wird. So eklig wie der Harzer Käse schmeckt, esse ich lieber gar nichts.

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Freitagmorgen, 7.25 Uhr. Biege joggend in den Schlosspark Charlottenburg ein. Laufen ist definitiv meine Paradedisziplin beim Triathlon. Ich bin schon Marathon gelaufen – allerdings ist das schon sechs bzw. neun Jahre her –, habe mehr als zehn Halbmarathons absolviert und gehe seit über fünfzehn Jahren ungefähr dreimal die Woche laufen. Da sollte die 2,9-Kilometer-Laufstrecke beim Triathlon im Juni kein Problem sein.

Allerdings muss ich erstmal wieder richtig in Tritt kommen. Seit Oktober bin ich nicht ganz so regelmäßig gelaufen. Sogar sehr unregelmäßig. Sie wissen schon: Der Stress, das unwirtliche Wetter, die mangelnde Disziplin.

Ich schleppe mich durch den Schlosspark und bin froh, dass zu der frühen Uhrzeit noch nicht so viel los ist. In der Ferne erblicke ich lediglich einen anderen Läufer. Ein 80-jähriger Senior, den ich hier regelmäßig treffe. Sein Aussehen – und sein Tempo – erinnern mich immer an die Schildkröte Morla aus „Die unendliche Geschichte“. Trotzdem brauche ich heute eine Ewigkeit, um ihn zu überholen. Um ehrlich zu sein, überhole ich ihn gar nicht. Kurz bevor ich zu ihm aufschließen kann, biegt er in einen Seitenweg ab. Wahrscheinlich hat ihn mein rasselnder Atem im Nacken genervt.

Versuche nun, mich mit Musik aufzuputschen. Was könnte dazu besser sein, als der Rocky-Soundtrack? Sie kennen vielleicht die Szene, in der Rocky durch Philadelphia rennt, begleitet von einer Horde Kinder, und er immer schneller und schneller wird, bis seine Füße gar nicht mehr den Boden zu berühren scheinen.

So sieht das bei mir nicht aus. Im Gegenteil. Ich taumle eher wie ein rachitisch röchelndes Nilpferd durch den Park und meine Füße berühren definitiv den Boden. Es ist weniger ein Berühren, sondern mehr ein Stampfen. Ein ziemliches starkes Stampfen. Hoffentlich löse ich nicht die Seismographen im Erdbebenzentrum Potsdam aus.

Nun ja, möglicherweise ist Laufen doch nicht meine Triathlon-Paradedisziplin. Eher die einäugige unter meinen blinden Disziplinen.

Christians Wochenbilanz

  • Geschwommen: 0 km (Habe aber immerhin mal ans Schwimmen gedacht. Mit einem ziemlich großen Schaudern.)
  • Geradelt: 0 km (Haben sie eine Ahnung, wie unangenehmen Radfahren bei Temperaturen kurz über dem Gefrierpunkt ist?)
  • Gelaufen: 41,98 km (Ein ordentlicher Umfang, aber noch ausbaufähig, was Tempo und Ausdauer angeht)
  • Spotify-Neuzugang: Gonna fly now (Rocky Theme) von Bill Conti

Andreas erste Woche: Viel Wasser, kein W-Lan und ein altes Aufzugstrauma

Hier in meiner norddeutschen Außenstelle begann meine erste Trainingswoche eher bescheiden. Nach einem Wasserrohrbruch („MAMAAAAA! ES REEEEEEGNET IN DIE KÜCHEEEEEEE!“)

habe ich die ganze Woche ohne Internet gearbeitet. Wir haben nämlich den Anbieter gewechselt, damit wir endlich eine WhatsApp verschicken können, während unsere Kinder Videos von YouTubern schauen, die Mozzarella frittieren.

Nachdem der Mann mit dem Magenta-Hut also täglich mit irgendeinem Signalmessschnerpfel unter meinem Schreibtisch herumgekrochen ist, war es endlich so weit. Ich konnte mir Christians „Kinder-jagen-Typ-der-aussieht-wie-Sylvester-Stallone-die-Treppe-hoch-Song“ in unsere Spotify-Playlist laden.

Und dann war ich tatsächlich laufen. Wirklich richtig und in echt. Ich konnte es selbst kaum fassen. Denn ich bin noch nie gelaufen. Wirklich NIE! Auch nicht, als ich noch jünger war und sich mein rechtes Knie noch nicht bei jedem Schritt angehört hat, als ob man auf eine Rolle Luftpolsterfolie beißt.

Tatsächlich war das letzte Mal, dass ich schneller als Schrittgeschwindigkeit unterwegs war, im Jahre 2008. Da bin ich bei einem Vier-Meter-Sprint Richtung Aufzug so umgeknickt, dass ich mir beim anschließenden Sturz beide Arme gebrochen habe (Außerdem landete die Ecke eines der fünf leeren Leitz-Ordner, die ich beim Schlittern Richtung Aufzug bei mir trug, in meinem Auge. Was mir nicht nur ein zusätzliches Veilchen, sondern auch den liebevollen Spitznamen „Nordberg“ vom Franz einbrachte).

Vielleicht verstehen Sie jetzt, weshalb ich dem Laufen eher kritisch gegenüberstehe. Dieser traumatischen Geschichte zum Trotz habe ich mir dennoch das erstes Paar Laufschuhe meines Lebens gekauft.

1. Weil man bei einem Triathlon leider nicht am Straßenrand den Daumen herausstrecken darf.

2. Weil mir der Kollege aus dem Hauptstadtstudio am Mittwoch bereits schrieb, er sei schon 30 (!) Kilometer gelaufen!

Derweil hinter den Kulissen der Ankommer

Und 3. Weil ich am Ende meiner ersten Lauf-Runde so anaerob war, dass der Vater im Himmel zu mir sprach. Also meine eigener. Zwar hat er ein bisschen genölt, weil ich für 3,4 Kilometer 32 Minuten gebraucht habe. Aber ich habe nur abgewunken und gejapst: „Wurscht, Papa! Hauptsache, wir kommen an!“

Andreas Wochenbilanz

  • Geschwommen: 1,1 km (*Rockyfaustemoji*)
  • Geradelt: 0 km (Fahrradfahren…*örgs*)
  • Gelaufen: 13,3 km (okay, schnell gegangen trifft es eher)
  • Spotify-Neuzugang: There must be an angel von Eurythmics

Die ultimative Ankommer-Trainings-Playlist

Veröffentlicht in Die Woche

Ein Kommentar

  1. alexandra bachmann alexandra bachmann

    Respekt ihr seit gelaufen . Ich persönlich laufe ja nur wenn jemand mit einer geladenen Waffe hinter mir steht , und selbst dann überlege ich nochmal ob es wirklich sein muss.

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