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Woche 4

Die Schreibtischhelden haben ihren ersten Monat auf dem Weg zum Triathlon gemeistert. Vielleicht haben sie auch gebummelt. Die einen sagen so, die anderen sagen so. Viel Spaß beim Lesen.

Andreas vierte Woche: Von Trainingspausen, historischen Mittelfingern und selbstgemachten takwallanesischen Anneliden

Es gibt Tage, da weiß man, dass der Morgen, der hinter der Gardine lauert, ein guter wird. Noch vor dem ersten Kaffee pulsiert die Energie ungehemmt in unseren Adern und egal, wo wir den Rest des Tages Hand oder Hirn anlegen, am Ende erstrahlt alles in purem Gold.

So eine Woche hatte ich nicht.

Ich war unpässlich. Will heißen, ich lag die meiste Zeit mit Wärmeflasche und heißer Zitrone auf der Couch und hab Anweisungen durchs Haus gebölkt („Anziehen!“, „Hausaufgaben!“, „Schuhe aus!“). Sie kennen das. Vielleicht.

Bereits Montagabend zwickte und zwackte es in meinen Ohren, Hals und Gliedern und so hütete ich diese Woche fast jeden Nachmittag das Sofa. Ein denkbar ungünstiger Zeitpunkt. Aber nicht, weil ich am Ende dieses Beitrags unter jede Disziplin meiner Wochenbilanz „0 km“ schreiben muss.

Quatsch! Immerhin lautet unser Motto ja immer noch „Hauptsache, wir kommen an!“ Und bei meinem aktuellen Trainingsstand komme ich ganz sicher an. Irgendwie.

Wobei die Enttäuschung nach drei Wochen Training schon groß ist, wenn die Kinder einem über die Wärmeflasche tätscheln und sagen: „Krass, Mama. Dein Bauch ist voll warm!“

In diesem Fall bezieht sich der ungünstige Zeitpunkt aber auf den am Wochenende in meiner Heimat stattfindenden viertägigen Carnevalsmarathon.

Dazu muss ich kurz ausholen…

Der Carneval in meiner Heimat ist wirklich etwas Besonderes. Nicht nur, weil er bereits seit 1614 groß (und mit C) geschrieben wird, sondern auch, weil er seit 1892 eine Woche früher stattfindet als der gewöhnliche Karneval in Restdeutschland (Sie wissen schon, dat Leev-Marie-Jedöns links und rechts und unterhalb vom Rhein).

Warum?

Weil im Jahre 1892 die katholische und leider Gottes spaßbefreite Kirche einen 40 Stunden langen Gebetsriegel vor die regionale Fastnacht schob, um dem lokalen Sodom und Gomorrha ein Ende zu bereiten. Wie erwartet, fügten sich die braven BürgerInnen meiner Stadt. Und zwar, in dem sie etwas Unerwartetes taten: Sie verlegten ihre Fastnacht einfach eine Woche vor.

Die Lümmels!  

Orginial Sütterlin-jpg
Mit freundlicher Genehmigung des Stadtmuseums Damme.
Und mit Stadtmuseum Damme meine ich natürlich Frimo. *WinkeWinke*

Und so findet also seit dem historischen Mittelfinger von 1892 der Carneval bei uns zu Hause eine Woche früher statt.

Und ich liege unpässlich auf der Couch.
Na bravo!

In meinem Handy machen bereits erste Fotos vom Aufbau mobiler Theken und Absperrgitter die Runde. Mit jedem neuen Toilettenwagen steigt in allen Bäuchen die Anzahl Bommerlunder-singender Schmetterlinge ins Unermessliche, während ich um meine Partyzipation bange.

Aus diesem Grund hat mir meine Tierärztin auch diese Woche ein absolutes Sportverbot erteilt. Schwester Doktor S., die von allen nur der Peerwicht genannt wird (Stimmt nicht. Eigentlich nur von mir. Oder von Frau Hackstetteseinetasche. Aber das ist eine andere Geschichte), bangt nämlich mit mir. Und zwar täglich.

Der Peerwicht.
Wären wir in der 4. Klasse, ich würde meinen Erdbeer-Labello mit ihr teilen.

Und was soll ich sagen? Nachdem ich die ganze Woche über ausschließlich meine Tippfinger trainiert habe, sind die Aussichten auf Cordula Grün und Wick-Blau-Schnaps mit jedem Tag rosiger. Und so beäuge ich heute morgen, nach einer letzten verhusteten Nacht, den Tag, der hinter der Gardine lauert. Es ist Carnevals-Samstag und nach einer ausgiebigen Nasendusche beschließe ich: Das Glas ist wieder halbvoll!

Puh! Das war knapp. Ich dachte schon, ich habe den Satz „Du hast einen Reflexionskabernisator mit Mutationsaufsatz an einen amtlich nicht registrierten C-Flapoiden verkauft??“ umsonst auswendig gelernt.

Und jetzt entschuldigen Sie mich bitte. Agent F und ich bringen jetzt unsere zwei takwallanesischen Anneliden Klasse 1 und 4 aufs Großmutterschiff.

Mögen die Spiele beginnen…

#zirpendegrille


Andreas Wochenbilanz:

  • Gelesen: Das letzte Gericht: Was berühmte Menschen zum Schluss verspeist haben
  • Genetflixt: Outlander Season 4
  • Geamazonprimed: Alvin und die Chipmunks: Road Chip (Laut Google gefiel dieser Film 90% aller Nutzer. Offenbar kamen bei der Befragung keine Eltern zu Wort.)
  • Spotify-Neuzugang: London Bridge von Fergie

So!
Und jetzt schauen Sie bitte alle einmal kurz hier hin:


Christians vierte Woche: von nostalgischen Laufeinheiten, Radfahren mit Sabine und herrischen Handys

Montag, 18.10 Uhr. Gemeinsam mit dem Sohn laufe ich auf der Anlage des örtlichen Sportvereins. Dem TSV GutsMuth 1861. Was für ein traditionsreicher Ort! Einundreißig Jahre vor der Vorverlegung des Dammscher Carnevals gegründet! Und ein Name wie aus einem Motivations-Pamphlet von Turnvater Jan, der sich gar nicht vorstellen kann, dass du bei der Leibesertüchtigung schlechte Laune haben kannst.

Kannst du aber. Der Sohn zum Beispiel. Der hasst Joggen. Vor ein paar Monaten hatte ihm aber eine Ärztin bei der Sporttauglichkeitsuntersuchung des Berliner Judo-Verbandes eine eher unterdurchschnittliche Ausdauerfähigkeit bescheinigt. Eine Beurteilung, die doch erheblich an seinem Selbstbild als Leistungssportler kratzt. Seitdem laufen wir beide regelmäßig Montagabends – also ab und an, wenn es keine gewichtigen Gründe gibt, die gegen das Laufen sprechen (beispielsweise überhaupt keinen Bock haben) –, bevor sein Judo-Training anfängt.

So altbacken der Name TSV GutsMuth 1861 auch klingt, die Anlage ist tip-top. Sie hat sogar eine echte Tartan-Bahn. Optimale Laufbedingungen also. Die Federung des Kunstbodens erzeugt einerseits bei jedem Schritt zusätzliche Energie und lässt mich schneller laufen, als ich eigentlich kann, andererseits schont er die Gelenke, was wiederum vorteilhaft für meinen rechten Fuß ist, der immer noch ein wenig weh tut. Andrea bewundert mich sicherlich für meine heroische Schmerztoleranz. Oder verachtet mich für meine Wehleidigkeit.

Ich freue mich immer über das Montagabendlaufen, da ich zu einer Zeit und in einer ländlichen Gegend aufgewachsen bin, wo Tartanbahnen unüblich waren. Während ich neben dem Sohn hertrabe, muss ich an meinen Sportunterricht denken. Wir mussten damals unsere Runden immer auf der Aschebahn drehen. Wenn du da gestolpert bist und dir die Knie aufgeschlagen hast, konntest du nur hoffen, dass deine Tetanus-Impfung noch nicht verjährt war. Das Herausfummeln von Sand und Schmutz aus blutigen Wunden sowie das Desinfizieren der offenen Stellen mit Jodtinktur gehören definitiv zu meinen eher unschönen Kindheitserinnerungen. Wie für den Sohn später das Laufen mit mir.

Was wäre ein Sportverein ohne die obligatorische Vereinskneipe?

Dienstag, 7.35 Uhr. Ich radle trotz der frühen Stunde durch den Schlosspark. Da ich gestern Abend nur eine halbe Stunde gelaufen bin – Sie wissen schon: der Fuß! – und nicht möchte, dass auch mir irgendeine Ärztin eine unterdurchschnittliche Kondition attestiert, dachte ich heute Morgen, dass es eine gute Idee sei, noch eine Ausdauereinheit auf dem Rad einzulegen.

War aber nur so eine semi-gute Idee. Das Wetter ist nicht gerade optimal fürs Radfahren. Wegen der Restausläufer des gestrigen Orkans bläst mir der Wind unangenehm ins Gesicht. Passenderweise shuffelt mir meine Playlist „Die ewige Sabine“ von Fortuna Ehrenfeld ins Ohr. Eigentlich ist das Lied viel zu langsam zum Trainieren, pass aber ganz gut zu meinem Tempo.

Es ist nicht zur zu windig, sondern auch zu kalt zum Radfahren. Ein bis zwei Grad. Obwohl ich Handschuhe trage, sind meine Finger nach einer Viertelstunde so kalt und steif, dass ich kaum noch die Gangschaltung bedienen kann. Es sind allerdings auch nur Sporthandschuhe. Die bestehen zwar aus irgendeinem weltraumgetestetem, atmungsaktivem Material, sind aber so dünn, dass ich einen ähnlichen Wärmungseffekt erzielen würde, steckten meine Hände in Butterbrottüten.

Meine Füße sind ebenfalls eiskalt. Vermute ich zumindest, denn ich spüre sie nicht mehr. Als ich anderthalb Stunden später wieder Zuhause bin, muss ich erstmal meine Hände fünf Minuten lang unter warmes Wasser halten, bis meine Finger so beweglich sind, dass ich meine Schnürsenkel aufbinden kann. (Ihr Beileid ob meiner misslichen Lage können Sie in den Kommentaren kundtun. Vielen Dank!)


Freitagmorgen, 7.45 Uhr. „Bereit machen. Gleich geht‘s los!“, verkündet mein Handy mit dem Liebreiz einer Chemnitzer Eiskunstlaufmutter. Was gleich los geht, ist ein Zirkeltraining meiner Sport-App. In einem Anflug geistiger Umnachtung hatte ich die Idee, dass es der Triathlon-Vorbereitung nutzt, nicht nur die einzelnen Disziplinen, sondern auch meine Gesamtfitness zu trainieren.

(Die Idee ist übrigens ungefähr so gut, wie bei Temperaturen kurz über dem Gefrierpunkt Rad zu fahren. Nur, falls Sie mal einen ähnlich bescheuerten Einfall haben.)

Das Zirkeltraining besteht aus einer Serie von sechs Übungen, die jeweils ungefähr eine Minute ausgeführt werden, und die Serie muss dreimal hintereinander ohne Pause absolviert werden. „3, 2, 1, Workout beginnt!“, blökt das Handy.

Damit Sie sich das Training besser vorstellen können, habe ich ein paar Videos dazu gedreht:

  1. Hampelmänner: Die habe ich das letzte Mal in der Grundschule gemacht. Inzwischen wiege ich ungefähr einen Zentner mehr und die Nachbarn denken bei meiner Hampelei sicherlich, ich übe gerade mit einer Horde Flusspferde Stepptanz.

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  1. Tritte nach vorne machen: Ich fühle mich wie Jean-Claude van Damme in Bloodsports. Nur weniger elegant, dynamisch und kraftvoll.

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  1. Auf einem Bein hüpfen: Und zwar abwechselnd, aus der Beuge und kraftvoll nach oben abstoßend. Ich schaffe in den 60 Sekunden ungefähr zweieinhalb Sprünge und wie durch ein Wunder falle ich weder ins Regal, noch reiße ich meinen Meniskus.

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  1. Kniebeugen: Die überfordern selbst einen Körperklaus wie mich nicht.

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  1. Bauchpressen mit angewinkelten Beinen: Auch so eine Übung, die mehr Koordinationsfähigkeit erfordert, als gedacht.

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  1. Unterarmstütz: Wie der Name vermuten lässt, muss ich mich auf den Unterarmen abstützen, die Beine nach hinten strecken, die Wirbelsäule längs aufrichten und die Spannung halten. Hört sich einfach an, ist es aber nicht.

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Zu meiner großen Enttäuschung gratuliert mir das Handy nicht zu meinem Durchhaltewillen, sondern herrscht mich in einem Tonfall an, den Bundeswehr-Ausbilder als unangenehm schroff empfinden würden, gefälligst wieder die Hampelmann-Position einzunehmen, um den zweiten Zirkel zu beginnen.

Ich hample, hüpfe und stütze. Und schwitze, grunze und schnaufe. Der dritte Durchgang ist fast vorbei und ich muss mich ein letztes Mal in den Unterarmstütz begeben. Meine Arme brennen, meine Beine brennen, meine Bauchmuskeln brennen. Alles brennt. Wie lange kann eigentlich eine Minute dauern?

„Noch 10 Sekunden, dann ist es vorbei“, teilt mir das Handy endlich mit. Ich bin mir allerdings unsicher, ob sich das „vorbei“ auf das Zirkeltraining oder mein Leben bezieht.

Egal, Hauptsache, wir kommen an!

Christians Wochenbilanz:

  • Geschwommen: 0 km (Herrgott noch mal, jetzt fragen Sie doch nicht immer nach dieser elendigen Schwimmerei. Ich werde schon rechtzeitig damit anfangen. Hoffentlich.)
  • Geradelt: 45,69 km (Und das bei fast orkanartigem Gegenwind. Also, zumindest bei Sabinchen.)
  • Gelaufen: 14,79 km (Mit meinem wehen Fuß kann da eigentlich noch eine Null angehängt werden. Nein, nicht nach dem Komma, sondern davor.)
  • Spotifylist-Neuzugang: Die ewige Sabine von Fortuna Ehrenfeld


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Veröffentlicht in Ankommen

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